Pressekonferenz Kulturpreis Langenthal 2010


Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der Medien
Lieber Werner Aeschbacher
Liebe Pflanzplätzler
Werte Anwesende


Entgegen unseren Gepflogenheiten sind wir heuer früh im Jahr mit der Bekanntgabe der Kulturpreisträger. Dies hat seinen Grund: Wenn wir vom Beginn der Preisverleihung im Jahr 1992 bis heute unseren Fokus auf Namen und Kultursparten werfen, stellen wir fest, dass wohl elf Mal Preise an Musikerinnen und Musiker verliehen worden sind. Schauen wir innerhalb der Musik aber die Musiksparten an, zeigt sich, dass wir einen Bereich bis heute nie bedacht haben: Die Musik im Umfeld der traditionellen Volksmusik. Wir haben letztes Wochenende mit dem Jodlerfest in Langenthal dem Volksgut eine Plattform gegeben. Für die Kulturkommission war dies der Anlass, dieses Jahr im "Umfeld der traditionellen Volksmusik" die Auszeichnung zu verleihen. Und es ist uns leicht gefallen, stehen wir doch schon länger auf Beobachtungsposten: Mit Werner Aeschbacher und Pflanzplätz haben wir genau die Volksmusik gefunden, die wir auszeichnen wollten. Ihre Auftritte auf Bühnen, mit anderen Kulturschaffenden, in Filmen und ihre musikalische Entwicklung ist uns nicht entgangen. Es ging uns nämlich nicht darum, Volksmusik, wie sie in unserer Gesellschaft verwurzelt ist, auszuzeichnen; es wäre uns wohl auch schwer gefallen, eine Auswahl zu treffen. Was die Kulturkommission und auch der Gemeinderat wollten, war, Volksmusik auszuzeichnen, die halt etwas anders ist. Wir wollten nicht eine musikalische Rückwärts-Schau, sondern einen Ausdruck aktueller Kultur auszeichnen.

Wenn wir nämlich die Musik von Werner Aeschbacher und Pflanzplätz betrachten - ich meine natürlich, wenn wir zuhören, hinhören - so merken wir rasch, dass beide Preisträger zwar von der traditionellen Volksmusik ausgehen, dass dieses Gut aber eine Ausgangsposition ist für einen musikalischen Weg, den beide beschreiten.


Werner Aeschbacher:
Musikant sei, er, nein kein Musiker. Der Musiker mute ihn akademisch an, das sei er nicht. In der Tat: Ein Blick auf den Werdegang des Musikanten Werner Aeschbacher zeigt unschwer, dass da neben seiner persönlichen Affinität zur Musik auch noch in tieferen Bereichen kräftig mitgearbeitet wurde. Da muss eine Göttin der Künste - eine Muse vielleicht - in der Familie Aeschbacher genetisch mitgemischt haben. Da taucht nämlich der Hänsu auf den CDs auf, der Grossonkel und je nach Generation sogar der Ururgrossonkel, der auch schon am Örgeli sass und der von seinen Nachkommen noch heute musikalisch gewürdigt wird. Selbstverständlich waren ebenfalls Vater Aeschbacher und Bruder Hans am Werk. Aber auch der Blick nach vorne bestätigt der Musen Werk: Sie haben es gemerkt oder wissen es: Der Name Aeschbacher taucht bei beiden Preisträgern auf, Werner ist der Vater, Thomas ist der Sohn und bei ihm geht's schon wieder weiter mit den Töchtern. Ich glaube, Sie brauchen keine weiteren Beispiele mehr für dieses Generationenspiel.

Werner Aeschbacher hat also die Musik im wahrsten Sinne des Wortes im Blut. Wenn er vor uns sitzt und mit Bedacht ein Örgeli auswählt - denn es sind jeweils mehrere zur Auswahl da - wenn er also vor uns sitzt, um mit seinem Örgeli zu uns zu sprechen, dann geschieht dies in grosser Konzentration und mit einer Ruhe, die sich aufs Publikum überträgt. Und er nimmt das Instrument zur Hand, wie wenns das erste Mal wär. Er drückt die Tasten und er nimmt die Melodie in sich auf und es scheint, als würde er jedes Mal selber staunen, welch wundersamen Töne erschallen. Man hat als Zuhörerin fast den Eindruck, Werner Aeschbacher sei dem Geheimnis des Örgelis noch nicht ganz auf die Spur gekommen. Wir aber wissen, dass der Musikant das Geheimnis ist.

Seine musikalischen Kontakte haben ihn in die weite Welt geführt und so wie sie oder ich von Reisen irgendwelche Souvenirs heimbringen, so bringt Werner Aeschbacher Töne, Melodien aus fremden Kulturen heim. Er verwebt diese dann mit seinem Musikgut und seiner Intuition und dabei entsteht immer wieder eine neue musikalische Sprache. Seine Örgeli seien seine Werkzeuge, mit ihnen baue er ein Haus aus Musik, jedes Gefühl habe ein Zimmer: Kann man musikalisches Schaffen poetischer umschreiben?

Diese Feinheit im Gefühl zeichnet Werner Aeschbacher als Musikant und Menschen aus und das ist es auch, das seine Musik so berührend und nährend macht.

Ich könnte nun noch lange über seinen initiativen Geist sprechen, der so viele musikalische Treffen ermöglicht hat, auch seine Sammlung von alten Örgeli müsste genannt werden oder all seine Projekte in denen er mit anderen Kulturschaffenden zusammenarbeitet. Das mache ich hier nicht, denn Werner Aeschbacher wird im Anschluss gerne mit Ihnen über sein weiteres Schaffen sprechen.


Pflanzplätz
hat eine lange Geschichte, eine, die im Baselbiet im Waldenburgertal seinen Anfang nahm. Für die Gruppe wars ein Glück, dass 1993 der Langenthaler Thomas Aeschbacher dazu stiess. Nicht dass ich es mir anmassen würde, die drei Musiker musikalisch zu beurteilen; in unserem Fall ist es einfach von grundlegender Bedeutung, dass bei Pflanzplätz ein Langenthaler Musiker mitspielt und dass die Gruppe in unserer Stadt und ihrer Umgebung ein Begriff ist, denn dies ist eine Bedingung dafür, dass der Langenthaler Kulturpreis vergeben werden kann. Also, neben Thomas Aeschbacher machen Simon Dettwiler und Jürg Nietlispach Pflanzplätz aus. Drei Musiker, die offen sind für musikalischen Austausch in vieler Hinsicht, die aber in einem Punkt unbestechlich sind: Die Hauptrolle in der Pflanzplätz-Musik spielt in jedem Fall das Schwyzerörgeli. Diese klare Botschaft mahnt einen wie ein Treueschwur an: Du bist und bleibst die Meine. Ist doch in der heutigen Zeit eher ungewöhnlich. Dieses Bekenntnis ist mir sympathisch!

Schon der Name ist eigentlich Programm: Was damals als Jux gedacht war, als die Gruppe gegründet wurde, zeigte sich als das Auszeichnende. Das schöne Bild des bäuerlichen Gartens, der etwas ausserhalb steht, dessen Beete durchaus nach Bedarf in der Grösse und natürlich in der Bepflanzung variieren dürfen, entspricht genau dem musikalischen Schaffen der Gruppe: Offen für Vieles, interessiert am Austausch mit anderen, kreativ im Vermischen von Stilen, engagiert in der Eigenkomposition haben sie den Plätz bepflanzt. Dünger ja, aber nur organischen, Aussaat von exotischen Pflänzchen ja, aber neben den Zwiebeln und den Rüebli, Kraut und Unkraut, wohl wissend, dass die Kombination das Geheimnis ist.

Pflanzplätz versteht die Volksmusik als Ausgangspunkt, als Referenz, die für Nachhaltigkeit sorgt. Jung und spritzig erfahren wir seine Stücke, Vertrautheit, Heimatgefühle kommen auf beim Hinhören. Doch halt! Da schleichen sich Töne, Rhythmen ein, die Grenzen überwinden wollen, die neue Wege beschreiten, die sich in rauchigen Tangolokalen in Buenos Aires wiederfinden oder den Wind auf den Höhen Finnlands über den Fjorden beschwören oder mit Irlands Weiten kokettieren.

Pflanzplätz ist gestern, heute und morgen und genau diese kleine Formel machte es aus, dass sie der Volksmusik die Chance geben, dass sie sich weiterentwickeln kann und nicht im Liebgewonnenen versteinert.


Werner Aeschbacher und Pflanzplätz: Sie erhalten Anerkennungspreise der Stadt Langenthal für ihr langjähriges Kulturschaffen im Bereich der etwas anderen Volksmusik.

Ich bedanke mich herzlich für Ihr Zuhören. Bitte ergreifen Sie doch jetzt die Gelegenheit, mit den Preisträgern zu sprechen.


Langenthal, 25. Juni 2010

Marianne Hauser Haupt
Kulturbeauftragte der Stadt Langenthal